Der Senf wurde als Würze von Fleischspeisen schon in der Völkerwanderungszeit verwendet. "Den Senf dazu geben" wurde zunächst in der Bedeutung gebraucht: "Durch Witze und Derbheiten ein Gespräch würzen", dann "das schärfste Wort dazu sagen", und schließlich erhielt es einen verächtlichen Sinn. (nach Heinrich Raab: Deutsche Redewendungen, Wien 1981)

Samstag, Mai 31, 2008

Fußballbericht in anderer Form

Deutschland hat geflaggt. Seit Wochen sieht man deutsche Fahnen an Autos und Häusern und täglich werden es mehr. Heute in Gelsenkirchen das letzte Testspiel von Ballack & Co. vor der EM in der Schweiz und Österreich. Und tatsächlich, die Deutschen finden schnell ins Spiel, ist in der Regel auch gut eingezeichnet. Dank an den Platzwart. Der Gegner Serbien wird gleich unter Druck gesetzt. Kein Wunder bei den schwülen Temperaturen.
Nachbar Gerd kommentiert jeden Pass mit dem ausgelutschten Witz: "Reicht denn da kein Personalausweis?"
Bundeskanzlerin Angela Merkel sitzt begeistert auf der Tribüne. Doch die Freude hält nicht lang; 18. Minute, 1:0 für Serbien durch eine Flanke von Schlagersänger Bata Ilic - sorry - Fußballspieler Sasa Ilic. Michaela! - Quatsch, ich meine La Ola!
Nachbar Gerd zerstört seine zweite Autofahne, die erste hatte er gestern bei 160 km/h auf der Autobahn verloren. Eiskalt nutzen die Serben die erste Torchance. Ich hole einen Pulli für Gerd.
Warum spielt Klose nicht? Vielleicht will Bundestrainer Löw ihn im Verlauf des Spiels einsetzen. Er wird es nicht tun, da Klose den Trainer gestern beim Tischfußball zweimal abgezockt hat (8:2 und 9:1). Dabei hat er noch hämisch gegrinst, sodass Löw ihm dafür heute die Quittung gibt.
Gerd fragt: "Wie spielt Clemens Fritz?" - "Keine Ahnung, mit links oder rechts denke ich."
Ballack fordert immer wieder den Ball: "Gebt ihn mir, spiel zu mir, her mit dem Ei!" Gewinnen wir noch das Spiel? Herrgott, wenn ich das wüsste, könnte ich den Fernseher ausmachen.
Der Moderator erzählt uns, dass die Deutschen tief in der gegnerischen Hälfte stehen. Ja, ist es denn dort schlammig oder ist der Platz abschüssig?
Es wird langweilig, wenn es so bleibt, gibt es die Autofahnen am Montag in jedem Laden für 10 cent. Endlich Halbzeit, ich gehe zum Rauchen auf den Balkon, nicht dass die Teerdecke aufreißt.
Auf dem Rückweg bringe ich Gerd ein paar Taschentücher mit, er ist am Boden zerstört und fragt: "Was soll nun werden?"
Zweite Halbzeit beginnt und Lukas Podolski kommt. Seine immer gültige Spielweise: "Der Trainer hat g'sagt, ich solln reinmachen, da hab ich n reingemacht!" Er bringt gleich richtig Schwung ins Spiel und Angi Merkel springt auf.
Bundestrainer Löw ist nicht zufrieden und gibt an der Seitenlinie Anweisungen: "Wenn ihr das versemmelt, gibt es kein Sex mehr vor der EM!"
Der Moderator berichtet, dass die deutschen Zuschauer in Gelsenkirchen wieder da wären. Wo waren die denn? Gilt jetzt auch Rauchverbot in Stadien?
74. Minute, Gott sei Dank, Neuville schießt das 1:1 - Angi ist total aus dem Häuschen, am liebsten würde sie einen ihrer Nachbarn umarmen, die drehen sich aber sicherheitshalber angewidert zur Seite. Das ist nicht in Ordnung.
82. Minute, Freistoß für Deutschland, 16 Meter vor dem Tor. Ballack ballert das erlösende 2:1 ins Netz. Gerd nervt bereits seit dem Ausgleich, dass er keine Fahne mehr hätte.
Spiel ist aus, Angela Merkel sagt im Interview zu Löw, er solle die Spieler in der Schweiz liebevoll behandeln. Ich schmeiße den laut rufenden Gerd hinaus.

Mittwoch, Mai 28, 2008

Die Rechtschreibung ist tot

Nach dem Lesen der folgenden Geschichte werdet Ihr die Überschrift verstehen und keine Zweifel an der provokanten Aussage mehr haben.
Die Bloggerwelt ist groß und vielfältig. Die meisten gehen nicht mit dem Duden ins Bett (ich auch nicht), doch wer beim Schreiben das alleswissende Internet nicht nutzt, darf zurecht als blöd bezeichnet werden.
Eine junge Bloggerin beschwerte sich über die Anbaggerei in ihrem Profil. Sie wäre glücklich vergeben und die meisten Typen sollten Lesen lernen. Weiterhin bezeichnete sie die Baggerer als „Analfabeltiger“. Hä?! - Genau, das dachte ich auch. Ein paar Leser fragten kommentarmässig, was ein Analfabeltiger sei, wo er leben würde und ob man ihn irgendwo im Zoo betrachten könnte.
Die Bloggerin löschte den Eintrag und brachte nun eine korrigierte Version. Jetzt wurde der Tiger ein „Analphabeticker“. Nach weiteren Kommentaren war die Analphabetin plötzlich gänzlich verschwunden. Schreib‘ Dich nicht ab, lern‘ Lesen und Schreiben!

Sonntag, Mai 25, 2008

Das Wochenende der Rettungsaktionen

Stadtbummel. Mitten im Gewühl sagt ein Mann zu seiner Frau: "Dann müssen wir im Kaufhof zuschlagen!" Sofort zückte ich mein Handy und setzte die Polizei auf die beiden an. Diese Terroristen! Diese Aktion habe ich jedenfalls vereitelt. Soll mich am Montag auf der Polizeiwache melden; gibt bestimmt einen Bürgerwehrorden.

Auf dem Heimweg fand ich einen kleinen dünnen Kleiber auf dem Bürgersteig. Er war mit irgendetwas öligem verklebt und konnte nicht mehr fliegen. Das Tierheim verwies mich an eine Vogelliebhaberin, die zwar aussah wie eine Hexe, aber den Kleinen mit viel Liebe und Pflege in ihre Obhut nahm.

Und morgen verhindere ich ein Attentat auf einen Politiker, allerdings wüsste ich keinen, der sich zu retten lohnt.

Samstag, Mai 24, 2008

Eurovision Song Contest 2008

Mittlerweile schreibe ich zum 3. Mal über den Eurovision Song Contest. Eigentlich könnte ich den Großteil der vergangenen Texte einfach kopieren und hier wieder einfügen. Immer das selbe Lied und die selben Lieder. Alle Länder hängen sich mit ihren Kompositionen an Erfolge aus dem Popmusikmarkt an. Merkwürdige Performance und schrille Typen. Lettland stellt zum Beispiel eine Truppe auf die Bühne, bei denen die Macher zuviel Fluch der Karibik geschaut haben. Es gibt nur einen Captain Sparrow und nur eine Shakira und eine Mariah Carey. Finnland (Sieger aus 2006 mit der Monstergruppe Lordi) schickte wieder eine Heavy Metal Band ins Rennen, hat aber vergessen sie zu verkleiden. Einziger Rock-Lichtblick war die Türkei, die diesmal zurecht aus Deutschland 10 Punkte bekam. Ach ja, die Punktevergabe, der kultige Teil des gesamten Contest. Wieder stimmten die Anrufer größtenteils für eines ihrer Nachbarländer, demnach ist es völlig egal was auf der Bühne gesungen wird. Unsere türkischen Gastarbeiter voten natürlich für ihre Heimat. Die Länder der ehemaligen Sowjetunion werfen sich die Punkte genauso zu, wie das ehemalige große Jugoslawien. Spanien votet für Portugal, Portugal für Spanien, Norwegen für Schweden, Schweden für Norwegen usw. usw.
Deutschland hat keine Freunde. 14 Punkte insgesamt, damit sind wir mit England und Polen auf dem letzten Platz. No Angels-Mitglied Lucy verdankt der deutsche Beitrag 86% der Punkte. Sie stammt aus Bulgarien und ist im dortigen Fernsehen öfters in einer Casting-Show zu sehen, hat somit die Sympathien der Bevölkerung und brachte Deutschland somit 12 Punkte aus Budapest ein. Davon abgesehen, war der Song von den No Angels wirklich der schlechteste aus dem Wettbewerb. Deutschland hat zwar kapiert, dass die Zeiten von Ralph Siegel ("Ein bisschen Frieden", "Dschingis Khan") längs vorbei sind, jedoch einen Knaller zum Contest zu schicken scheint utopisch zu sein. Wenn man schon nicht auf 12 Punkte von Frankreich oder der Schweiz hoffen kann, gilt das andere Prinzip: Man muss ein gutes Lied komponieren.
Mag man Stefan Raab oder hasst man ihn? Seine bisherigen Beiträge landeten zumindest immer in den Top 10. Zu seinen Erfolgen zählt sicherlich seine frechen, witzigen und verwirrenden Vermarktungsmethoden. Der lange verstaubte Weg des Eurovision Song Contest hat in den letzten Jahren ein schnelles Relaunch widerfahren und ist zu einem Megaevent aufgestiegen. Dazu bedarf es Köpfe, die diesen Weg mitgehen können.
Russland hat nebenbei gesagt durch ihre Nachbarschaft gewonnen. Um ganz sicher zu gehen, dass es diesmal wirklich klappt mit dem Sieg, wurden dem Sänger gleich ein russischer Stargeiger und Eiskunstläufer zur Seite gestellt. Ziemlich auf "Jetzt-aber" getrimmt, aber man sieht sich 2009 in Moskau.
Der Druck auf die Fußballnationalmannschaft ist immens gestiegen. Auch wenn es eine völlig andere Baustelle ist, müssen sie erst recht jetzt den EM-Titel nach Deutschland holen.

Freitag, Mai 23, 2008

Stehengeblieben

Fast jeden Monat feiert in den letzten drei Jahren irgendein Bekannter seinen 40. Geburtstag. Immer eine große Sache. Schließlich weiß man nicht, wie es in zehn Jahren aussieht. Schafft man noch die immensen Alkoholmengen oder fängt die Pumpe schon an zu flattern? Vermutlich hatte sich Vorgestern in einem Dorf 70 km südlich von Kassel die gesamte Gemeinde in der Kneipe eingefunden und ließ das Geburtstagskind hochleben.
Zur etwas fortgeschrittener Stunde setzte sich der Mann der Gastgeberin zu mir und fing wie immer an mit mir über Musik zu sprechen. Sprechen ist bereits das falsche Wort, nur mit Mühe konnte ich seinem Lallen folgen. Die größte Band aller Zeiten sei für ihn Led Zeppelin. Auch diese Aussage hatte ich zu genüge aus seinem Mund gehört. Selbst bin ich zwar nur ein Jahr älter als er, hatte aber mit der Rockmusik aus den frühen 70zigern nicht viel am Hut. Einiges habe ich nachgeholt, jedoch Led Zeppelin leider nicht. Somit gerät unser Gespräch immer wieder ins Stocken, wenn er die obligatorischen Fragen stellt, ob ich dieses oder jenes Stück von Led Zeppelin kennen würde. Leichte Versuche 10 oder 20 Jahre weiter zu springen und andere Gitarristen ins Spiel zu bringen scheitern jedesmal kläglich.
Dennoch ist seine Plattensammlung längs nicht komplett und es ärgert ihn, dass er einige Stücke nicht auf Vinyl hat und sie auch nicht mehr im Radio laufen. Ich sah darin eine Chance, dass unsere Gespräche weitergeführt werden könnten und verwies auf die Internetplattform youtube. Weder Internet noch youtube gewann sein Interesse. So muss es wohl sein, wenn man 90 Jahre ist und zwangsläufig stehenbleiben muss. Leider ist er erst 43 und ist seit 15 Jahren schon vergreist.

Donnerstag, Mai 15, 2008

Vegetarier aufgepasst

Zwar sind die Zeiten vorbei, bei denen man sich als Fleischesser vom Vegetarier anfeinden lassen musste, dennoch schwingt beim Treffen der beiden ein gegenseitiges Verachten immer mit. Abgesehen vom Gesundheitsfaktor isst der Vegetarier einfach nichts, was einen angucken könnte. Die Ernährungsexperten raten auf der anderen Seite nicht ganz auf Fleisch zu verzichten.
Einen neuen Aspekt erfuhr ich beim Grillen am schönen Pfingstmontag. Die Gastgeberin fragte mich ganz unvermittelt, ob ich wüsste, wann der Salat stirbt? Ich kramte in meinem Gedächtnis und brachte gerade noch zusammen, dass Pflanzen Fotosynthese betreiben, allerdings wagte ich keine weiteren Äußerungen, denn meine Chemienoten waren schlecht.
Besagte Gastgeberin lies mich nicht lange zappeln und erklärte mir, dass die Pflanzen die Fotosynthese erst beenden, wenn sie gegessen werden.
Demnach isst der Vegetarier zwar Speisen, die ihn nicht anschauen, aber noch leben. Ich lies den Salat stehen und aß das Würstchen ohne Augen.

Freitag, Mai 09, 2008

Begegnung in meiner Stadt

Freitagmorgen, 09:15 Uhr, Kasseler Innenstadt: Wollte bloß kurz zum Juwelier, der Zahngold ankauft. Seit Jahren bewahre ich das Brückengold in der heimischen Schublade. Nun endlich habe ich Zeit, Lust und einen hoffentlich fairen Geschäftspartner gefunden, der mir ein paar Euro dafür bezahlt. Er öffnet erst um 09:30 Uhr. Kein Problem, die Sonne scheint, der Tag ist mein Freund und die drei Bänke nähe des Stadtkerns sind um diese Uhrzeit unbesetzt. Ich setze mich und male mir den weiteren schönen Tag aus: Nach der Arbeit irgendwo ein Eis schlecken, später im Freien ein leckeres Essen, ein kleines Schläfchen in der Sonne und schließlich Rotwein bis das Abendrot am Horizont versinkt. Herrlich! Mit etwas Glück finanziert das Ganze der Juwelier.
Ein Mann kommt frontal und zielstrebig auf die Bänke zu. Zur Erinnerung, zwei sind noch frei. Doch seine Zielstrebigkeit fokussiert sich auf die Bank, auf der ich sitze.
"Guten Morgen!", so seine Worte beim Hinsetzen. Sei nicht unfreundlich denke ich und erwidere den Gruß.
"Schönes Wetter heute!" - "Ja, wurde ja auch Zeit!" Wie ich diese Konversation hasse!
"Da schmeckt auch das Brötchen." Er zieht ein Gehacktesbrötchen hervor. Was soll ich sagen? Ich lasse es.
"Oh, das ist aber dick belegt!", er drückt es leicht nach vorn gebeugt zusammen und lässt die Krümmel zu Boden fallen. "Da haben die Vögel auch was davon!", Jo, denke ich.
"Wann fängt denn das Stadtfest an?" - "Tut mir leid, das kann ich ihnen nicht sagen."
"Im Extra Tip (hiesiges Käseblatt; Bildzeitungsniveau) hat gar nichts gestanden." Ich ziehe es weiterhin vor nichts zu entgegnen.
"Da haben die aber dieses Jahr Glück mit dem Wetter." - "Ja, sonst ist es immer verregnet gewesen."
"Aber im Extra Tip hat nichts gestanden." - "Tut mir leid, ich lese ihn nicht."
"So schönes Wetter." Ich werde und muss mich jetzt entfernen, sonst werde ich wahnsinnig. Beim Aufstehen stammele ich wenigstens noch ein "Auf Wiedersehen".
Für das Zahngold bekam ich 45 Euro, somit waren alle gedanklichen Ausgaben des Tages gedeckt.

Der Geist aus Hamburg

Aus dem Hessischen Polizeibericht:
Ein Mann aus Frankfurt erhielt ständig mysteriöse Anrufe auf seine Festnetznummer. Bei der Gesprächsannahme war am anderen Ende der Leitung nichts zu vernehmen. Der Anrufer kam aus Hamburg, jedoch konnte kein Teilnehmer dazu ermittelt werden. Der Mann entschloss sich seine Nummer zu sperren. Dies wurde ihm auf die Dauer zu teuer und er gab seinen Anschluss wieder frei. Zugleich setzten die Anrufe vom Geist aus Hamburg wieder ein. Er wandte sich an die Polizei, welche schließlich eine Fehlschaltung feststellte. Immer wenn in einem bestimmten Friseursalon in Hamburg ein Kunde mit EC-Karte bezahlte, klingelte die Leitung bei dem Mann in Frankfurt.

Donnerstag, Mai 08, 2008

Wochenend und Sonnenschein

Lang haben wir darauf warten müssen. Endlich wieder Sonne satt. Die Temperaturen erreichen Höchstwerte, die letzten Winterreifen werden gewechselt, jede Stadt präsentiert sich im neuen Licht. Natürlich gibt es die Menschen, die sich beschweren, ob der Blutdruck steigt oder der Schweiß rinnt. Dabei ist die neueste, verabscheuungswürdige Tat aus Österreich noch nicht aus den Schlagzeilen verschwunden. 24 Jahre hat eine Frau nicht die Möglichkeit gehabt diese herrlichen Tage zu erleben und zu genießen. Und das ist "nur" eine Begebenheit, die sich wenige hundert Kilometer von uns ereignet hat.
Doch mir liegt es fern, hier den Moralapostel zu geben. Dennoch möchte ich den Miesmachern gern den Hinweis geben: Wenn es Euch nicht gefällt, fahrt nach Amstetten, dort ist gerade ein Wohnung frei geworden!

Dienstag, Mai 06, 2008

Buchtipp "Die Straße" Cormac McCarthy

Letztes Jahr erhielt Cormac McCarthy den Pultizer Preis für seinen Roman „Die Straße“ (Originaltitel „The Road“). Eine Endzeitgeschichte zweier Menschen, dessen Namen man nicht erfährt. Vater und Sohn ziehen in den Süden, irgendwo auf der Welt. Neben dem nackten Überleben sind das bereits alle Ziele, die sie verfolgen. Der Planet Erde ist verbrannt und mit Asche bedeckt. Pflanzen- und Tierleben vernichtet. Die wenigen Menschen, die ihnen begegnen bedeuten immer wieder eine Gefahr; sind sie gut oder böse? Die zwei haben nicht viel, doch das Wenige müssen sie verteidigen. Dazu dient ein Revolver mit zwei Schuss.
In einem kurzen Absatz erfährt man andeutungsweise was passiert sein könnte, dass die Restmenschheit in ein erbärmliches Leben katapultiert hat. Es ist auch nicht mehr wichtig. Genauso wie selbst der Vater das Alter seines Sohnes nur noch schätzen kann. Keine Zeitrechnung, keine Uhrzeit, keine Jahreszeit. Die Nächte sind tiefschwarz, keine Lichter und Feuer können sie nur unter größter Vorsicht entfachen, aus der Angst heraus entdeckt zu werden. Bei Tag scheint eine schwache Sonne, die ein wenig Licht spendet, aber keinesfalls Wärme. Es regnet und schneit.
Obwohl die Vater-Sohn-Gespräche spärlich sind und fast immer gleich, stellt McCarthy die beiden als eines der letzten wahren Teams auf der Erde dar. Dem Mann plagen die Gedanken sich einfach hinzulegen und zu sterben. Sein einziger Antrieb ist sein Kind, dessen Zukunft er jeden Tag aufs Neue 24 Stunden lang sichern muss, ohne zu wissen was geschieht. Er verflucht Gott.
Fazit: Der Roman ist düster, beschreibt ein unmenschliches Dasein und lässt die Gedanken des Lesers zwischen den Zeilen in weit größere Vorstellungen eintauchen. Es heißt ‚Die Hoffnung stirbt zuletzt‘ und genau dieser Umstand fesselt den Leser. Seite für Seite hofft man mit den beiden und folgt ihnen durch ein ödes Land, dessen Ressourcen nicht einmal mehr den Namen verdienen. McCarthy hebt nicht den Zeigefinger und warnt, dennoch betrachtet man seine Welt nach dem Lesen anders als sonst.

Donnerstag, Mai 01, 2008

Zwei Feiertage an einem Tag

Was war das am 1. Mai für ein Stress. Der Tag der Arbeit oder auch Kampftag der Arbeiterbewegung. Da gehört der Papi uns, meistens gehört er dem Wald, seinen Kumpels und dem Alkohol. Dieses Jahr fällt ausgerechnet Christi Himmelfahrt zusätzlich auf den ersten Mai. Irgendwann wurde er zum Vatertag erkoren und somit gehört er den Vätern, dem Wald, den Kumpels und dem Alkohol. Dies bedeutet wiederum für die Männer in 2008 doppelt soviel zu trinken, denn eine zweite Chance dies gegenüber seiner Frau zu rechtfertigen ergibt sich womöglich erst wieder beim 80zigsten Geburtstag von Tante Else.
Selten kann ich die Vorgaben dieser Feiertage erfüllen. Ich erhöhte meine Tagesration von zwei Tassen Kaffee auf vier, schnappte keinen Kumpel, sondern meine Tochter und statt einen Waldspaziergang besuchte ich mit ihr Abends die neu gegründete Kammeroper in Kassel.