Der Senf wurde als Würze von Fleischspeisen schon in der Völkerwanderungszeit verwendet. "Den Senf dazu geben" wurde zunächst in der Bedeutung gebraucht: "Durch Witze und Derbheiten ein Gespräch würzen", dann "das schärfste Wort dazu sagen", und schließlich erhielt es einen verächtlichen Sinn. (nach Heinrich Raab: Deutsche Redewendungen, Wien 1981)

Donnerstag, September 17, 2009

Leben jenseits des Weißwurstäquators (10)

An unserem letzten Abend im Freistaat Bayern übernachteten wir in Füssen. Beinahe wäre es gar nicht dazu gekommen, da in dem 14.200 einwohnerstarken Städtchen fast alle Hotels belegt waren. Überall priesen Plakate ein Jazzfestival an, welches nach unserer Vermutung der Grund für den Tourismusandrang darstellte. In der Nähe des Festspielhauses ergatterten wir eines der letzten Zimmer und die Empfangsdame teilte uns mit, dass nicht nur der Jazz in der Stadt dafür verantwortlich wäre, sondern auch das Konzert von Hansi Hinterseer, der ebenfalls bei ihnen übernachten würde und jeden Moment in der Hotellobby erwartet wird. Ich schrammte nur um Haaresbreite an dem Fettnäpfchen vorbei, als ich mich äußerte, dass ich den Hansi nun nicht unbedingt bräuchte. Daraufhin machte mich die Frau darauf aufmerksam, dass der Hinterseer ein sehr netter Mensch sei. Um Konflikte zu vermeiden bestätigte ich schnell und füllte in Windeseile die Anmeldung aus. Doch mein Bemühen dem Volksliederstar aus dem Weg zu gehen endete wenig später auf der Terrasse beim Nachmittagskaffee damit, als der Junge am Nebentisch sagte: "Mama, ist das der Hansi?" Meine Reflexreaktion erblickte den blonden Barden, als er zu seinem Chauffeur ins Auto stieg. Okay, Hauptsache ich muss nicht sein Konzert hören.
Ich chillte schließlich auf unserem Zimmer ein wenig auf dem Bett und sank in einen kurzen angenehmen Schlaf. Abprubt wurde ich geweckt; mein Oberkörper schoss in die Höhe, rhythmische, merkwürdige eintönige Klänge durchfuhren meinen Körper. Das Herz raste und ich versuchte gleichzeitig zu klären, wo ich war und was meine Ohren so in Aufregung versetzte. Im vierviertel Takt ertönte mehrmals zu Beginn der Takte eine singende Stimme, die stetig: "Hallo!" sang und mit klatschenden Händen begleitet wurde. Nach Sekunden, die mir wie Minuten vorkamen, registrierte ich, dass es kein Alptraum war, sondern dass Hansis Konzert begann. Ich erschrak umsomehr, als ich auf die Uhr schaute - 20.10 Uhr - da sind doch in der Urlaubszeit noch Kinder auf! Solche Konzerte sollten zum Schutze unserer Jugend erst um 23.00 Uhr beginnen. Wir flüchteten in die Stadt und genossen lieber Swingjazz, der den Namen zwar nicht verdiente, jedoch immer noch besser war, als das Hallo-Horror vom Festspielhaus.

Als wir spät am Abend zu unserem Hotel zurück kehrten, kamen uns die Hinterseer-Fans entgegen, sodass wir sicher sein konnten jegliche Zugabe verpasst zu haben und in Frieden zu Bett gehen konnten. Am nächsten Tag schoss ich dieses Foto, nichts für schwache Nerven. Wer eine schlaflose Nacht vermeiden möchte, der sollte das Bild nicht anklicken. Hansi Hinterseers Tour heißt: "Für immer" und ich weiß auch schon, wie seine nächste heißt: "Für immer und ewig!"